Frohe Weihnachten, Ihr Lieben!
Heute kommt hier etwas traditionell Rumänisches auf den Tisch, und zwar “Sarmale” (Einzahl: “Sarma”). Das ist bei uns zu Hause – und für die meisten Rumänen auch – DAS Weihnachtsessen schlechthin. Sie werden mit Fleisch zubereitet, sodass man sie gut zu Weihnachten essen kann, sollte man davor gefastet haben, was einige tun.
Sarmale sind Kohlrouladen, aber keineswegs solche, die man hierzulande isst. Früher bei der Arbeit habe ich mal in der Kantine eine Kohlroulade bestellt und die war riesig. Unsere Sarmale sind fast winzig im Vergleich, ich denke, je kleiner und feiner man sie hinbekommt, desto besser. Die Rezepte variieren mit den Gegenden in Rumänien, die in Siebenbürgen kochen sie ein bisschen anders als in Bukarest, zum Beispiel.
Manche in Rumänien essen Sarmale tatsächlich nur im Sommer, aber das kann ich mir schwer bei 30-40 Grad vorstellen, das ist ein ziemlich deftiges Essen… Im Allgemeinen kann man sie dann im Winter essen und viele tun das auch zu Silvester. Aber in Restaurants mit traditionellem Essen kann man sie jederzeit bestellen.
Nun gut, lange Rede, kurzer Sinn. Ich habe dieses Jahr zum zweiten Mal überhaupt selber Sarmale gekocht, aber etliche Male in den vielen Jahren zu Hause bei meinen Eltern meiner Mutter beim Zubereiten zugeschaut und ihr zum Teil assistiert.
Das Problem hier in Deutschland war vor allem, dass ich die dafür benötigten in Salzlake eingelegten Kohlköpfe – “varză murată” – nirgendwo zu kaufen fand. In Rumänien legt man nämlich Kohl als Ganzes ein, und zwar nicht in Essig wie hier, sondern in Salzlake mit vielen Gewürzen (Thymian, Dill, Kümmel…). Das Sauerkraut hier hat geschmackstechnisch so gar nichts Ähnliches mit dem rumänischen.
Nach und nach habe ich recherchiert und in Österreich einen Bauernhof entdeckt, der den Kohl so eingelegt wie wir in Rumänien und wo ich sogar online was bestellen konnte – also habe ich jetzt im Keller einen großen (10 Kg) Bottich mit 3-4 Kohlköpfen in Salzlake drin :-). Hier ist der Link dazu – Werbung, unbeauftragt, unbezahlt.
In Rumänien hat früher fast jeder zu Hause Kohl selbst eingelegt (meine Eltern hatten ein riesiges Fass dafür auf dem Balkon) und viele tun’s sicherlich immer noch. Auf dem Markt gab’s und gibt’s dafür im Herbst buchstäbliche Berge an Kohl. Man kann das auf dem Markt aber auf fertig eingelegt kaufen.
Hier ist mein Rezept für ca. 50 Stück kleine “Sarmale”. Es mag Euch viel vorkommen, aber bedenkt, dass man viele davon auf einmal isst (4-6, je nach Größe) und dass die Familien durchaus groß sind, wenn sich alle zu Weihnachten treffen. Unabhängig davon, man kann sie auch am Tag danach essen, dann sind sie erfahrungsgemäß noch besser, und einfrieren kann man sie auch problemlos. Dann nur noch auftauen und erwärmen.
Zutaten:
- 1-1,5 große, in Salzlake eingelegte Kohlköpfe
- 750-1000 g Hackfleisch gemischt
- 2 Zwiebeln
- 3-4 EL Rundkorn-Reis (also wie für Risotto oder Milchreis)
- Pfeffer gemahlen und auch als Körner
- Thymian getrocknet
- 1L passierte Tomaten (Dose oder Tetrapak)
- etwas geräucherter Speck
- Öl
- Salz
- Wasser
How-to:
- Erst einmal Kohl aus der Salzlake nehmen und in einer sauberen, großen Schüssel im Wasser etwas entsalzen. Damit das schneller geht, kann man die Blätter davor alle vom Strunk abnehmen. Das dauert, je nach Salzgehalt der Lake, 1-2 Stunden oder gar über Nacht, aber das kommt mir zu lange vor
- Zwiebeln fein schneiden, in etwas Öl glasig dünsten und Reis (davor gut waschen) mitdünsten. Abkühlen lassen. Dann Hackfleisch mit der Reis-Zwiebel-Mischung gut mischen, salzen und pfeffern (ohne Foto)
- Nun bei allen Blättern die dicke, mittlere Rippe wegschneiden
- Große Blätter halbieren
- Einige Blätter (daher reicht nicht 1 Kohlkopf, sondern ggf. noch eine Hälfte dazu) in feinen Streifen schneiden
Nun muss in einer ofenfesten Form oder in einem ofenfesten Topf (ich habe meine gusseiserne Kasserolle benutzt) geschichtet werden:
- zuerst ein bisschen Öl auf dem Boden des Topfs, dann etwas von dem in Streifen geschnittenen Kohl darauf legen
- Sarmale rollen bzw. formen – dafür eine Blatthälfte auf die Hand legen, ca. 1 EL Fleischmischung darauf legen und rollen (nicht zu eng, damit der Reis Platz hat, aufzugehen, aber auch nicht zu lose) – die Enden zum Inneren der Roulade “reindrücken” – am besten schaut Euch das kurze Video dazu. Ihr braucht so keine Fäden oder Zahnstocher, die Euch die Sarmale zusammenhalten.
- Nun eine Schicht gerollte Sarmale auf die erste Schicht mit Streifen-Kohl legen
- darauf kommt dann Thymian, Pfefferkörner und in Streifen geschnittenen Speck
- weitere solche Schichten übereinander legen: Streifen-Kohl, dann wieder Sarmale und Speck / Thymian / Pfefferkörner. Die letzte Schicht ist immer in Streifen geschnittener Kohl.
Nun muss nur noch die Flüssigkeit dazu gegeben werden: ca. 1L passierte Tomaten und ca. 0,5L Wasser – auf jeden Fall müssen die Sarmale und der Kohl damit komplett bedeckt sein.
Zuerst auf dem Herd aufkochen, dann für ca. 1,5-2,5 Stunden im vorgeheizten Ofen bei ca. 180 Grad Ober- / Unterhitze backen. Meine Sarmale waren gestern ca. 1 Stunde 40 Minuten im Ofen. Wenn das Kraut obendrauf biss-weich ist, dann sind sie fertig. Auf jeden Fall ist die Flüssigkeit “weg” und alles soll wie im Bild rechts aussehen. Ggf. könnt Ihr eine Sarma herausnehmen und schauen, ob man sie mit der Gabel durchschneiden kann – wenn ja, dann sind sie weich genug.
Serviert werden die Sarmale mit Schmand oder Crème légère und Mămăligă (ă klingt ungefähr wie ein unbetontes „e“ im Deutschen, etwa wie in „Blume“, aber mehr “a” als “e”) – das ist rumänische Polenta.
Als Beilage für 4-6 Personen nehme ich immer 180 g Maismehl zu 800 ml Salzwasser. Wasser in einen Topf geben, salzen und direkt das Maismehl dazu. Erst dann erwärmen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das so nicht verklumpt (im Gegensatz zu Wasser kochen lassen und erst dann Maismehl dazu).
STÄNDIG!!! rühren beim Aufwärmen und Aufkochen, nicht aufhören. Am besten einen Holzlöffel benutzen (in Rumänien gibt’s spezielle Stöcke dafür). So lange rühren und kochen, bis das Ganze eine dick-cremige Konsistenz erlangt und die Mămăliga sich von den Topfwänden löst (siehe Bild). Früher sagte man in Rumänien (auf dem Land zumindest), dass ein Mädchen erst dann heiratsreif war, wenn sie ordentlich Mămăligă kochen konnte :-).
Die Mămăligă kann man übrigens nicht nur als Beilage zu Sarmale oder Eintopf essen, sondern auch mit Butter, Schmand und ordentlich Fetakäse (am besten vom Schaf) als eigenständiges Mittagessen. Oder gar mit weich gekochten Eiern. Lecker! Man kann sie auch fester kochen (dann mehr Meismehl verwenden), aber ich mag sie lieber cremig.
Ich wünsche Euch gutes Gelingen und poftă bună (guten Appetit!)!
Alice sagt
Liebe Ioana,
ich bin auf deinen Blog gestoßen auf der Suche nach einem Rezept für Sarmale, wie ich sie noch aus meiner Kindheit in Rumänien von meiner Großmutter kenne – und ich wurde nicht enttäuscht. Heute endlich nachgekocht (einen vakuumierten Krautkopf hatte ich glücklicherweise bereits besorgt) und durch Geruch und Geschmack sofort eine Zeitreise in die Vergangenheit gemacht. 🙂 Dein Rezept ist total authentisch und schmeckt so, wie es soll. Vielen Dank dafür – ich freue mich schon darauf, auch deine anderen Rezepte auszuprobieren!
(Und auch sonst finde ich deinen Blog ganz toll, ebenso wie deine gestalterischen Arbeiten (bin selbst Grafikerin).)
Liebe Grüße von einer weiteren Exil-Rumänin … dir ein gutes neues Jahr & bleib gesund!
Alice
miss red fox sagt
Liebe Alice,
you made my day :-)! Ich freue mich sehr, Deine Zeilen zu lesen und dass Dir die Sarmale so, wie Du sie kanntest, geschmeckt haben!
Ich muss sie selber auch öfter kochen… wobei, jetzt habe ich noch welche, die wir nicht mehr geschafft haben, eingefroren – so kann ich sie nur noch herausnehmen und aufwärmen, bei Bedarf.
Es freut mich auch, dass Dir auch der Blog sonst gefällt, das weiß ich sehr zu schätzen, vor allem, wenn Du eine Grafikerin bist!
Darf ich fragen, wo Du ursprünglich in Rumänien herkommst?
Liebe Grüße zurück, einen guten Rutsch in ein gutes neues Jahr und bleib’ ebenso gesund! La multi ani!
Ioana
Alice sagt
Ach, wie schön! Freut mich, wenn ich dir mit meinem Kommentar eine kleine Freude machen konnte.
Ich fürchte – oder besser: hoffe – auch, dass bei uns morgen noch massig zum Einfrieren übrig bleiben wird (obwohl wir heute bereits zwei mal davon gegessen haben). Aber so soll’s ja auch sein. Die kommen jetzt bestimmt auch regelmäßiger auf den Speiseplan, trotz Aufwand.
Und ja, deine Sachen finde ich wirklich toll. Leider war ich jetzt zu Weihnachten zu spät dran, sonst hätte ich sicher etwas von dir bestellt. Aber es kommen ja auch wieder Geburtstage usw. 😉
Klar darfst du fragen. Ich bin in Timișoara geboren, wir sind Anfang der 90er (da war ich in der Grundschule) nach Deutschland gekommen. Seitdem war ich nicht mehr drüben – das steht aber definitiv (nach Corona) an. Ich merke, dass mit dem Älterwerden eine gewisse Neugier und Sehnsucht aufkommt … ich möchte wissen, wo meine Wurzeln sind, wo ich herkomme. Du scheinst ja aber eine sehr gute Verbindung ins/zum Heimatland zu haben?
Jedenfalls bin ich froh, dein Blog gefunden zu haben und bin gespannt, was da noch so kommt von dir! 🙂
miss red fox sagt
Danke Dir Alice, das freut mich wirklich sehr! 🙂
Ich habe eine gute Freundin, sie kommt aus Lugoj, das ist ja nicht weit von Timisoara :-). Ich bin aus Bukarest, aber mein Vater ist aus Siebenbürgen, aus Sighisoara.
Wir versuchen, einmal im Jahr meine Eltern und meinen Bruder dort zu besuchen, meistens im Sommer. Oder sie kommen her. Dieses Jahr mussten wir passen, aber nächstes Jahr wollen wir ein bisschen in Siebenbürgen rumreisen, falls sich die Lage wieder entspannt – damit die Kinder auch etwas anderes als nur Bukarest oder die Donaugegend bei Giurgiu, wo meine Eltern ein Ferienhäuschen haben, zu sehen bekommen… und weil ich seit 17 Jahren nicht mehr in Sighisoara war und ich vermisse das sehr.
Sprichst Du noch ein bisschen Rumänisch? Ich behalte das, weil ich mit meinen Eltern fast täglich telefoniere und meine Kinder können auch ein ganz kleines bisschen reden.
Ich bin übrigens 1997 nach Deutschland gekommen, da war ich mit dem Studium fertig.
Blogtechnisch gibt’s eher DIYs hier und ab und zu auch mal Rezepte oder Reisen (weniger davon jetzt :-(…). Habe als rumänisches Rezept noch Piftie auf der Liste, das wollte ich noch irgendwann zeigen. Sagt Dir das auch noch was?
Liebe Grüße
Ioana
NA sagt
Hi Alice, ich bin auch aus Timisoara und 1986 nach Deutschland ausgewandert (auch während der Grundschulzeit :-). Auf dieses Rezept bin ich aus dem selben Grund gestossen – weil ich das Essen meiner Grossmutter vermisse.
Bianca
miss red fox sagt
Dann wünsche ich Dir “La Multi Ani!” und “Craciun fericit!” und freue mich, dass Du meinen Blog entdeckt hast. Und guten Appetit, wenn Du meine Sarmale nachkochst! 🙂 Liebe Grüße, Ioana