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Manche Projekte schiebt man sich ewig vor sich hin, obwohl man sie unbedingt realisieren möchte. Warum auch immer, man kommt einfach nicht dazu, das zu tun. So ist es auch bei mir mit Papierschöpfen. Ich möchte das wirklich seit einer Ewigkeit tun, das ist ein Herzensprojekt von mir – aber dazu gekommen bin ich bisher nicht… oder ich hatte ein bisschen Respekt davor, das sah nämlich in den diversen Tutorials, die ich mir angeschaut hatte, schon kompliziert aus…
Aber jetzt! Da ich mich nun stolze Besitzerin eines schicken Twercs-Koffers nennen darf, hatte ich einen Grund mehr, das Projekt Papierschöpfen in Angriff zu nehmen – denn gutes Werkzeug erleichtert die Arbeit sehr. Vor allem die elektrische Säge, die dabei ist, war das ausschlaggebende Argument, um das Projekt anzugehen, denn mit der Handsäge mag ich nicht so gerne arbeiten…
Papier wird seit Ewigkeiten hergestellt und das nach unterschiedlichen Methoden und aus verschiedenen Rohstoffen. In Japan oder Nepal und natürlich auch in China wird Papier aus Maulbeerbaum oder Bambus geschöpft, die Fasern sind lang und flexibel, es gibt immer noch kleine familienbetriebene Manufakturen. Westliche Länder stellten früher Papier aus Holz oder Cellulose, heutzutage öfter auch aus recyceltem Papier her. Und bastelverrückte wie ich… stellen sich der Herausforderung, neues Papier aus gebrauchtem Papier zu schöpfen.
Mein erstes selbstgemachtes Papier ist weit davon entfernt, qualitativ hochwertig zu sein oder eine richtig tolle Haptik zu haben. Aber ich habe es selbst gemacht, das Projekt ist mir gelungen und darauf bin ich sehr stolz! Der Feinjustierung steht nun nichts mehr im Weg, aber für den Moment bin ich zufrieden.
Wie vorhin gesagt, ein Grund, das Ganze anzugehen, war mein Twercs-Koffer: Werkzeuge in einem tollen Look und qualitativ hochwertig. Noch mehr: ohne Kabel, die Geräte sind akkubetrieben.
In dem Koffer, der gleichzeitig Ladestation ist, sind eine Heißklebepistole, eine Stichsäge, ein Akku-Bohrschrauber und ein Tacker untergebracht, dazu viel Zubehör und ein Ideenbuch. Ich finde es besonders praktisch, dass man nur ein Teil (nämlich den Koffer) anschließen muss, damit alle vier Geräte aufgeladen werden.
Alles, was ich noch brauchte, besorgte ich schnell im Baumarkt und es konnte losgehen!
Papierschöpfrahmen
Um Papier zu schöpfen braucht man einen Schöpfrahmen – oder zwei, besser gesagt. Sie sind gleich groß, einer davon hat ein Netz darauf. Der eine (mit dem Netz) nimmt die “Pulpe” (den Papierbrei) auf, der andere gibt die Größe des zukünftigen Papierbogens vor.
Dafür kaufte ich Holzleisten (4 cm breit, 1 cm dick) und Alu-Netzgewebe. Es ist wichtig, dass das Gewebe aus Metall ist, das gibt eine gute Stabilität. Gewebe aus Kunststoff sind zu weich. Es ist auch wichtig, dass das Ganze relativ feinmaschig ist. Ich habe also Alu-Netzgewebe gekauft, das eigentlich zum Bespannen von Keller- / Lichtschächten gedacht ist. Gibt’s auf der Rolle in einer Packung, leider keine Meterware.
Zusätzlich zum Werkzeug-Koffer braucht man noch ein Lineal, einen Bleistift und eine Schere, dazu kräftiges (also nicht zu dünnes) Klebeband.
Die Holzleisten mit der Stichsäge auf Gehrung schneiden. Man kann sicherlich das Ganze auch gerade schneiden und so montieren, ich wollte es aber “richtig” machen. Wenn schon, denn schon ;-). Da man mit der Stichsäge nicht in einer Gehrungslade schneiden kann (das Sägeblatt ist zu lang dafür), sollte man hier vorab anzeichnen und die Holzleiste unbedingt gut befestigen, bevor man sägt (z. B. mit Zwingen an einer Werkbank).
Die vier Stücke des Rahmens mit wenig Heißkleber aneinander kleben. Für mehr Stabilität kann man dann mit dem Akkuschrauber das Ganze mit Schrauben fixieren. Auf jeden Fall ist es gut, wenn der Rahmen an den vier Ecken bzw. an den Gehrungen getackert wird.
Das Ganze dann für den zweiten Rahmen wiederholen.
Nun wird das Alu-Netzgewebe mit dem Tacker ganz straff auf einen der beiden Rahmen fixiert und alles, was übersteht, wird abgeschnitten. Achtung – das Gewebe ist sehr scharfkantig!
Um sich nicht zu verletzen, muss der Rahmen nun mit Klebeband umwickelt werden. Es ist dabei wichtig, dass die Rahmenmitte frei bleibt, das Klebeband soll wirklich nur das Holz bzw. das Alugewebe abdecken. Ggf. zwei Schichten benutzen, wenn das Klebeband zu dünn ist.
Der zweite Rahmen bleibt ohne Alugewebe, man kann es aber auch mit Klebeband umwickeln, wenn man möchte.
Papier schöpfen
Wer zu Hause Papier schöpfen möchte, kann das am einfachsten aus Papierschnipseln machen. Ein tolles Recycling-Projekt ist es also auch :-).
Es ist egal, ob man Zeitungen, Aquarellpapier oder Schreib- / Druckerpapier benutzt. Das Ergebnis ist zwar immer noch Papier, aber in unterschiedlichen Qualitäten und Farben.
Außer Papierschnipseln braucht man ein Mixgerät (günstig im Krims-Krams-Laden zu kaufen) – auf keinen Fall das Gerät benutzen, mit dem man sonst seine Smoothies und Cocktails mischt. Wenn man einmal Papier damit gemixt hat, dann sollte man das Gerät nicht mehr für Lebensmittel benutzen!
Man benötigt auch eine große Plastikwanne, entweder aus dem Baumarkt oder vom Möbelschweden. Sie soll groß genug sein, damit der Rahmen samt Hände links und rechts gut darin Platz haben.
Arbeiten sollten man unbedingt in einem gefliesten Raum – ob Küche oder Bad, das ist egal. Man arbeitet mit viel Wasser und Spritzer entstehen jedenfalls!
Die Papierschnipsel – ich habe eine Kombination aus einem alten Kalender, beschriftetem Druckerpapier und Aquarellpapier benutzt – müssen zuerst im Wasser eingeweicht werden, nicht weniger als 1-2 Stunden, gerne aber auch über Nacht. Die Schnipsel sollten übrigens nicht größer als 2 – 2,5 cm sein.
Mixer mit Wasser befüllen und 1-2 Hände voll nasse Papierschnipsel dazu geben, mehr nicht auf einmal. Gut mixen – es entsteht eine breiartige Masse, die “Pulpe”. Je feiner diese Masse ist, desto feiner das Papier. Das Ganze wiederholen, bis keine Schnipsel mehr übrig sind.
Diese Pulpe wird dann mit viel Wasser in die Wanne gegeben und gut gemischt. Je mehr Wasser man nimmt, desto dünner wird das Papier.
Nun die Rahmen so übereinander legen, dass der mit dem Gewebe unten liegt (Gewebe auf der oberen Seite), der andere liegt obendrauf.
Mit beiden Händen (fürs Foto habe ich nur die linke Hand benutzt ;-)) nimmt man die Rahmen”konstruktion” und taucht diese in die Pulpe ein. Man zieht das Ganze dann wieder heraus und entfernt vorsichtig den oberen Rahmen. Auf dem unteren Rahmen liegt nun auf dem Gewebe Pulpe.
Das Ganze kippt man dann vorsichtig auf eine Unterlage, der – noch sehr nasse – Papierbogen liegt jetzt auf der Unterlage. Ich habe verschiedene Möglichkeiten ausprobiert, am leichtesten ließ sich dann das trockene Papierbogen vom Sperrholz abziehen!
Hier gibt’s übrigens zwei Mini-Filme, in denen man die Bewegungen (des Schöpfens und des Kippens auf die Unterlage) gut sehen kann.
Nun muss man das überschüssige Wasser aus dem Papier pressen. Das macht man am einfachsten mit einem Tuch – vorsichtig darauf legen und zuerst mit den Händen pressen (ggf. Wasser dann daraus auswringen und wiederholen), dann ggf. mit einem Nudelholz. Damit habe ich aber keine gute Erfahrungen gemacht (die Bögen sind auseinander gegangen), ich habe es also sein lassen.
Es gibt mehrere Methoden, Papier zu pressen, ich habe mich nur auf das gerade beschriebene limitiert.
Anschließend sind die Unterlagen mit den nassen Papierbögen in die Badewanne zum Trocknen gegangen.
Wir haben Winter… im Sommer hätte ich alles nach Draußen gebracht, die Sonne hätte alles schnell getrocknet. So hat das 1-2 Tage gedauert, bis alle Bögen richtig trocken waren. Wenn das soweit ist, zieht man die Bögen vorsichtig von der Unterlage ab.
Insgesamt hatte ich 32 Bögen geschöpft. Am Ende konnte ich nur die Hälfte benutzen, die andere Hälfte ließ sich nicht von der Unterlage lösen, zumindest nicht am Stück. Also: keine beschichteten Platten benutzen. Ich hatte zwei solche, die auf einer Seite weiß sind… die sind nicht gut geeignet! Wie gesagt, lieber Sperrholzplatten nehmen.
Mein Papier ist leicht grau, ziemlich dick und relativ steif geworden, es reißt aber leicht. Ich mag den Look dennoch, wobei die Qualität natürlich optimierungsbedürftig ist. Es saugt ziemlich stark (ich habe Aquarellfarben darauf ausprobiert) und bleibt lange feucht, wenn man darauf malt. Aber für’s Erste bin ich zufrieden. Ich nehme an, meine Pulpe war nicht homogen bzw. fein genug, sie war noch zu grob.
Die Bögen habe ich zur Hälfte gefalzt und zu Lagen zusammengefasst – aus meinem Papier ist ein Notizbuch geworden, gebunden mit einer koptischen Bindung. Das Vogelpapier ist Geschenkpapier, das ich bei meinem letzten Besuch in Bukarest in einem schönen Buchladen fand.
Ich muss sehen, was ich mit diesem Notizbuch mache. Richtig gut schreiben lässt es sich auf das Papier nicht, vielleicht male ich aber tatsächlich darauf oder bewahre es so, unbeschrieben, als schöne Kleinigkeit auf meinem Schreibtisch auf. Oder ich benutze es als Fotoalbum. Mal sehen.
Jedenfalls bin ich zufrieden, dass mir das Ganze beim ersten Versuch gelungen ist: Holz auf Gehrung mit der Stichsäge zu schneiden und Papier zu schöpfen. Ich werde jedenfalls dran bleiben und versuchen, eine bessere Papierqualität zu erzielen, wenn ich wieder Zeit dafür finde. Man wächst mit seinen Aufgaben.
So oder so habe ich aber schon mal die Schöpfrahmen und ich werde vielleicht auch weitere, in anderen Größen, bauen. Das Werkzeug habe ich ja bereits ;-).
* Vielen lieben Dank an Vorwerk für den tollen Twercs-Koffer, ich habe sehr gerne damit gearbeitet!
Müllerin Art sagt
Liebe Iona, das ist aber ein üppiger Post, so viel auf einmal! Wahnsinn! Schöpfrahmen bauen, Papierschöpfen, Buchbinden, daraus könnte man ein ganzes Buch machen, fleissig bist du im Moment.
Wenn du dich mehr mit dem Thema Papierschöpfen beschäftigen möchtest, komm mal nach Bergisch Gladbach ins Papiermuseum, da kann man ganz viel lernen!
Ich habe schon vor Ewigkeiten eine Papierschöpf-Phase gehabt und hätte mal wieder Lust dazu, aber wirklich lieber im Sommer draußen. Die Bögen werden auch besser auf dünne Tücher (einfache Spültücher) "abgegauscht", und darauf getrocknet. Beschreibbar wird das Papier erst, wenn man man es leimt.
Danke für deinen Tipp zur koptischen Bindung, ich mache sie ja immer anders, aber so wird es gleichmäßiger!
Liebe Grüße und bleib so fleissig.
Michaela
buntistschön sagt
Ganz und gar selbstgemacht, toll!!!
Papierschöpfen habe ich auch schon mal ausprobiert aber meine Ergebnisse waren Deinen sehr ähnlich. 😀 Das müsste man noch etwas verfeinern 😉 Wie viele verschiedene Möglichkeiten der "koptischen Bindung" es gibt? 😮
Diese habe ich noch nie ausprobiert. Gibt es irgendwo eine Anleitung dafür?
LG, von Annette