Momentan ist hier im richtigen Leben mal wieder sehr viel los – die Schule hat angefangen, meine Tochter geht jetzt auf Gymnasium und wir merken schon, was G8 heißt und dass das sehr viel von uns verlangt (aber das ist ein anderes Thema…). Daher komme ich zur Zeit nur sehr wenig bzw. gar nicht dazu, auch etwas Kreatives zu machen. Morgen fahre ich zur Tendence Messe nach Frankfurt und bin als Trend Scout im Rahmen der Bloggerlounge für Euch unterwegs – ich bin gespannt, was ich alles entdecke und werde berichten! So kommt es diese Woche auch nur zu einem Post, ich habe Euch schließlich neue Bilder vom Leben auf dem Land in Rumänien versprochen. Den ersten Teil davon gibt’s hier.
Heute packe ich also meinen Koffer und nehme mit… Stadt, Land, Fluss. Ich mochte als Kind dieses Spiel sehr und die Bilder heute passen wunderbar zu diesem Thema: die Stadt Giurgiu im Süden Rumäniens, das Leben auf dem Land in der Region (also Land nicht im Sinne von “Staat”, sondern von “Dorf”) und die Donau als größter Fluss in meinem Heimatland.
Wenn wir im Urlaub bei meinen Eltern sind, fahren wir immer wieder nach Giurgiu zum Markt. Es gibt einen kleinen Teil des Marktes draußen und einen deutlich größeren in einer Markthalle. Die Vielfalt an Obst und Gemüse mochte ich immer – auch als Kind bin ich gerne mit meiner Mama zum Markt gelaufen. Es ist nämlich schwer, sich zu entscheiden, bei wem man kaufen möchte, denn die Preise sind ähnlich für gleiche Produkte, so dass die Verkäufer durchaus probieren, alles möglichst schön aufzustellen – die besten Sachen immer nach vorne.
Die Preise sind relativ günstig – Möhren ca. 0,70€/kg, Paprika 0,45€/kg, Mais 0,11€ pro Kolben. Teuer für rumänische Verhältnisse sind wiederum Waldfrüchte, die Johannisbeeren, die Heidelbeeren aber auch Himbeeren kosteten 4,50€/kg. In Bukarest dürfte das alles teurer sein. Als Richtwert für Euch, wenn Ihr die Preisschilder sieht: 1€ ist umgerechnet ca. 4,50 rumänische Lei.
Was einem in allen rumänischen Märkten im Sommer sofort auffällt sind die Melonen – Berge und Berge davon, grüne und gelbe, süß, saftig und duftend (die gelben). Und das hier sind keine echten Melonenberge – früher gab es deutlich höhere Berge, nachts bewacht, damit keiner sich daran bedient. Wassermelonen kosten zwischen 0,18-0,45€/kg (letzteres in Bukarest), Honigmelonen eher 0,45€/Kg. Unter 5 kg bekommt man kaum eine Wassermelone, die, die wir gekauft hatten, wogen um die 9 kg, es gibt aber auch welche mit 12 kg oder mehr… Ein Traum!
Außer Obst, Gemüse und Kerzen für die Kirche oder für den Friedhof wird auf dem Markt auch viel Plastik verkauft – Schüssel, um z. B. die Unmengen an Rindfleischsalat darin zu rühren, riesige Flaschen für den selbstgemachten Wein oder Pflaumenschnaps und vor allem Fässer für Sauerkraut und saure Gurken, die – zumindest früher, im Kommunismus, als es kaum etwas in den Geschäften zu kaufen gab – in fast jedem Haushalt im Herbst vorbereitet wurden.
Weitere Einkäufe werden in den Supermärkten gemacht, gut gefüllt im Vergleich zu früher und nicht gerade billig, wenn es um Import-Ware geht. Die Granini-Flaschen kosten 1,22€, die bleiben wahrscheinlich länger da stehen… Was ich entdeckte und nett fand war ein Frischmilch-Automat, wo man im wahrsten Sinne des Wortes frische Milch kaufen konnte, denn sie war nicht gekocht – das musste man selber zuhause übernehmen.
In jeder rumänischen Stadt findet man oft solche kleine Buden auf dem Fußgängerweg, die Zeitungen und Zeitschriften verkaufen. In meiner Kindheit gab es sie auch für Eiscreme und für Süßigkeiten. Dort kaufte ich z. B. die “Hausgemachte Schokolade”, mehr dazu hier. Was es auch immer wieder gibt – vor allem aber am Meer – sind solche Läden mit aufgeblasenem Wasserspielzeug und Schwimmringen.
So, Einkäufe erledigt, es geht weiter durch die Stadt. Giurgiu ist keine besonders große Stadt (ca. 54.000 Einwohner) und auch keine besonders schöne. Es gibt die üblichen Plattenbauten aber natürlich auch “normale” Häuser und seit einigen Jahren wurde so eine Art Fußgängerzone eingerichtet. Wir sind an einem Abend dort in einer Pizzeria gewesen und ein bisschen das (wenige) Treiben beobachtet. Direkt gegenüber wurde gerade eine Hochzeit vorbereitet – das Ganze erinnerte mich sofort an diesem Film mit der griechischen Hochzeit – nur Rüschen und Kitsch. Nach den Musikanten kam relativ schnell auch das Brautpaar. An dem Tag – es war ein Samstag – haben wir im Vorbeifahren vier oder fünf Hochzeiten gesehen.
No Name Läden 🙂 gibt’s wohl auch, aber auch welche, die gerade Ware bekommen haben, wie dieses Schild hier ankündigt. Da musste ich wieder an früher denken, weil die Läden damals so leer waren und dieser Spruch – “Wir haben Ware bekommen” – üblich war. Diesmal ging es hier nicht um Essen, sondern um Second Hand Kleidung aus dem Ausland.
Wir fuhren dann Richtung Hafen, vorbei an einer Kirche, am Rathaus, am Leuchttturm…
Der Hafen ist nicht besonders schön, neu ist die Bootstatue oder wie man das auch nennen möchte und die Strandbar mit Freibad – warum der Eingang gesperrt war, weiß ich nicht.
Typisch für rumänische Häfen an der Donau aber auch am Meer sind diese riesigen Kräne – und angeln kann man da natürlich auch. Auf der anderen Seite des Flusses ist die bulgarische Stadt Russe, es gibt eine Brücke, die dahin führt.
Weiter stadtauswärts treffen wir auf der Straße einen der (zu) vielen Streuhunde, er lief eine gute Weile vor unserem Auto…
Wieder in unserem “Feriendorf” zurück, durfte ich das Haus der Nachbarin fotografieren. Sie ist Ende 80 und sie und ihr Mann waren früher angeblich unter der zwei reichsten Familien im Dorf. Ihr Grundstück war mindestens 2500 qm groß, fast eine Hälfte davon hat sie vor einigen Jahren an meine Eltern verkauft – für gerade mal 3€/qm. Allerdings war das Ganze dann gar nicht erschlossen.
Wir nennen sie alle “mamaie” – das ist ein ländliches Wort für Oma, oder “tanti Caterina”, sie heißt Ecaterina. Ihr Mann ist schon über 20 Jahre gestorben, die zwei Kinder aus dem Haus, einer der Söhne war ein höherer Offizier bei der Polizei. So, dass sie die meisten Zimmer gar nicht mehr nutzt, so auch “die gute Stube” – das beste Zimmer in Landhäuser, oft für Gäste aufbewahrt und immer sauber gehalten.
Die Dielenböden sind mit Teppichen bedeckt, das Haus ist, so weit ich weiß, auch aus Lehmziegel gemacht, wie die meisten dort. Im Winter warm, im Sommer kalt. Eine Heizung gibt es nur in Form des Kachelofens, wenn ich mich nicht täusche.
Im alten Schlafzimmer auf dem Boden trocknen Wallnuss-Blätter, die später zu Tee werden, überall liegen oder hängen kleine bestickte Deckchen mit traditionellen Mustern – auch über das Abendmahl.
In der Küche steht der Kühlschrank, diese UFO-artige Konstruktion auf Beinen daneben ist ein Backofen. Der alte Backofen in einem Raum neben dem Haus wird nicht mehr benutzt. An den Wänden sind keine Tapeten, sondern die Muster sind auf der Farbe bemalt (wahrscheinlich mit Schablonen), typisch für ländlichere Gegende und – früher – für kleine Provinzstädte.
In der Laube vor dem Haus sitzt mamaie immer wieder mit einer Freundin. Ich fand das abendliche Licht sehr schön und war froh, auch die eine oder andere kleine Schönheit zu entdecken – ein Schwalbenschwanz und eine Blaue Holzbiene (ich dachte zuerst, das ist eine Hummel).
Der Garten ist groß, sie hat Gemüse und Mais, Hühner gibt’s auch. Schön finde ich aber die rote Scheune, die hat mir immer wieder als Kulisse bzw. Hintergrund für meine Fotos gedient. Außer Knoblauch und trockene, leere Maiskolben (zum Feuermachen) fand ich dort eine alte bemalte Truhe mit Maiskörnern drin – wie ich erfuhr, die Aussteuer Truhe von mamaie!
Ein ausgetrockneter Kürbis wie dieser, der an der Scheune hängt, diente früher, als die Leute zur Feldarbeit gingen, als Wasserbehälter zum Mitnehmen. Der Kürbis wurde gelocht und das Wasser darin eingefüllt. Das waren ja Zeiten, als es keine Plastikflaschen gab… Coffee to go? Nein, Wasser-im-Kürbis to go!
So, wieder ein (zu?) langer Post geht zu Ende, ich gehe jetzt eine leckere Brezel vom Markt in Giurgiu noch mal gedanklich und virtuell genießen und packe dann meinen echten Koffer für morgen für Frankfurt.
hopefray sagt
Als ich vor drei Jahren in Rumänien war hatte ich leider nicht die Gelegenheit auf einen so schönen Markt zu gehen. Ich war eher im Norden für eine Woche mit Pfadfindern und einer Hilfsorganisation unterwegs. Die vielen gemusterten Decken eurer Nachbarin kamen mir jedenfalls sehr bekannt vor aus den Häusern die wir besucht haben 🙂
Mir hat dein Post jedenfalls sehr gefallen!
Alles Liebe
hope
Sicher ist aber, dass ich spätestens jetzt noch einmal auf Rumänien will. Diesmal hoffentlich mit besserem Wetter.