Ein etwas längerer Post, aber es war so schön, ich muss Euch das erzählen…
Am Mittwoch waren meine Eltern, die Kinder und ich in einem erstklassigen Konzert in Bukarest, das offiziell “Königliches Benefizkonzert” hieß. Warum königlich, werdet Ihr fragen, Rumänien ist ja eine Republik.
Nun, Rumänien war zwischen 1881 und 1947 tatsächlich Königreich (bis 1881 war es ein Fürstentum), die rumänischen Könige gehörten der deutschen Adelsfamilien von Hohenzollern und Sigmaringen, anfangend mit Karl I., dann Ferdinand I., Karl II., zuletzt Michael I. (oder Mihai auf Rumänisch). 1947 musste der König unter Druck und mit dem Beginn der sowjetischen und kommunistischen Vorherrschaft abdanken und ins Exil gehen. Die Geschichte ist lang und ich möchte hier nicht allzu sehr ins Detail gehen…
Der König wohnt nun seit Jahren in der Schweiz, ist aber mittlerweile wieder willkommen im Land (sogar nach der Wende 1989 ließen ihn für eine Weile die “neuen” Politiker nicht ins Land, aus Angst womöglich, dass das Volk wieder Königreich werden wollte… erst 1997 bekam er die rumänische Staatsbürgerschaft wieder und durfte das Land besuchen). Am besagten Mittwoch ist der König 96 Jahre alt geworden. Das Konzert war in Ehren seines Geburtstages, er konnte aber leider aufgrund seiner sehr schlechten Gesundheit nicht dabei sein. Er hat de facto keine Krone bzw. kein Königreich mehr, weil das Land nun eine Republik ist, er wird aber weiterhin “Regele Romaniei” – Rumäniens König – genannt. Und viele hier wünschen sich tatsächlich, wie ich höre, dass Rumänien wieder eine Monarchie wäre. Aber nun so viel zum Thema Geschichte (ich war leider nie besonders gut darin).
Er hat fünf Töchter, die älteste, Principesa Margareta, rief 1990 eine Stiftung ins Leben, die u. a. mit dem Programm “Junge Talente” jungen Musikern und anderen jungen talentierten Künstlern, die sonst keine Mittel gehabt hätten, um ihrem Talent und Berufung nachzugehen und ihr volles Potential ausschöpfen zu können, helfen sollte. Das Geld aus dem Ticketverkauf und den Spenden nach dem Jubiläumskonzert am Mittwoch geht zu 100% an “Junge Talente”. Gleich aber mehr zum Konzert an sich.
Das Konzert fand im Ateneul Roman im Zentrum Bukarests statt. Dieses Athenäum ist ein Konzerthaus mit einer interessanten Geschichte und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich bis diese Woche noch nie drin war, weder, um es zu besuchen, noch zu einem Konzert.
In der Zeit, als ich in Rumänien lebte, ging ich wirklich oft und sehr gerne ins Theater, aber zum Konzert, warum auch immer, nicht so oft – denn ich mag gerne klassische Musik. Richtig schade, denn das ist bei weitem der schönste Konzertsaal, den ich je gesehen habe. Und ich sage das nicht, weil ich stolz darauf bin, dass er in meinem Heimatland steht.
Das Athenäum wurde von 1885 bis 1888 gebaut, und zwar zum großen Teil mit dem Geld des Volkes. Weil die Mittel nicht mehr reichten, wurde – wie auch immer, Fernseher und Social Media gab’s ja nicht – zu einer Spende aufgerufen. “Dati un leu pentru Ateneu” – Gebt einen Leu für das Athenäum”. Lei ist die rumänische Währung, 1 davon heißt Leu. Und es sollte ursprünglich gar kein Konzerthaus werden, sondern ein Zirkus und dann der Sitz einer literarischen Gesellschaft. Wie es aussieht, hat dieser Spendenaufruf gut geklappt, das Gebäude steht seit 1888 in voller Pracht da. Crowdfunding im 19. Jahrhundert und das Wort dafür gab es nicht mal ;-).
Von Außen ist es schon prächtig und schön, aber man ahnt nicht, wie wunderschön das Ganze von innen ist. Ich war richtig schwer beeindruckt und froh, endlich auch das Innere des Gebäudes zu sehen.
Ich habe einige Bilder (leider nur mit dem Handy) gemacht und ich möchte sie Euch nicht vorenthalten, wenn Ihr aber mal in Bukarest seid, geht unbedingt hin! Auch ohne Konzert ist es wohl möglich, gegen wenig Geld das Konzerthaus zu besichtigen.
Da ich hier den Rahmen dieses Posts nicht sprengen möchte, nur noch ein bisschen zum Saal und zum Konzert. Im Foyer, das in Gold gehalten ist, war ein Porträt des Königs.
Wir haben Karten in einer der Außenlogen kaufen können, um die 45€ pro Stück. Karten in der 1. Kategorie hätten das Doppelte gekostet aber ich fand, wir konnten auch von unseren Sitzen sehr gut sehen und hören. Ich hätte auch bessere Karten kaufen wollen, aber das Konzert war zu dem Zeitpunkt, als ich davon erfuhr, fast ausverkauft, so dass ich auch so zufrieden war. 45€ sind durchaus viel für rumänische Verhältnisse, ich fand den Preis aber sogar relativ günstig für so ein Konzert und denke, hier in Deutschland wäre das mindestens doppelt so teuer gewesen.
Und hier ist der Saal… die Leinwände links und rechts sind wohl normalerweise nicht da, wurden aber jetzt gebraucht, um einen kurzen Film zum Thema “Junge Talente” zu zeigen.
Der Saal an sich ist rund – mit einer sehr guten Akustik, wie ich fand – und wunderschön dekoriert. Alleine die Decke ist klasse, schaut Euch das mal an!
Unterhalb dieser Decke bzw. Kuppel umrundet den Saal ein 3 m hohes und 75 m langes Gemälde mit Szenen aus der rumänischen Geschichte. Sorry, dass ich mich wiederhole, aber: einfach nur schön.
Das Konzert fand im Beisein der Pricipesa Margareta und einer ihrer Schwestern, Principesa Maria, statt. Sehr edel, wie alles an diesem Abend.
Nach einer kurzen Rede über den Zweck des Konzerts und einem kurzen Film mit und über “Junge Talente” ging es los: u.a. Beethoven, Vivaldi, Rachmaninow, gespielt von eben diesen jungen Talenten und mit international preisgekrönten Solisten, die auch in der Carnegie Hall oder Royal Albert Hall Konzerte gaben – Alexandra Dariescu (Klavier), Remus Azoiței (Geige), Teodor Ilincăi (Tenor), Tiberiu Soare (Dirigent).
So eine Freude an Musik, an Spielen und an Singen, wie dieses Orchester und die Solisten hatten, habe ich lange nicht mehr gesehen. Ich höre sehr gerne klassische Musik und war richtig stolz, dass es auch aus meinem Heimatland wunderbare Pianisten, Geiger, Dirigenten und Tenöre gibt! Gänsehaut pur, vor allem beim letzten Stück, “Nessun Dorma”. Ich finde, Pavarotti konnte dieses Stück wie kein anderer singen und ich vergleiche leider alle mit ihm, aber auch der junge Tenor Teodor Ilincăi hat mich beeindruckt.
Sogar das Fernsehen war da und viele haben fotografiert und gefilmt.
Meine Kinder waren auch beeindruckt. Die Große ist 12 und mit ihr gehe ich immer wieder ins Konzert oder zum Ballett, seit dem sie 5 ist. Mit dem Sohn sind wir aber erst in diesem Januar zu ersten Mal zu einem Konzert in der Kölner Philharmonie gewesen, da war er knappe 7 Jahre alt. Aber es hat ihnen sehr gut gefallen, mein Sohn saß neben mir, kuschelte sich ein bisschen auf der samtigen Bank an meiner Schulter und sagte immer wieder nur “schön!”.
Mein Sohn wollte von Anfang an hingehen, als ich die Kinder fragte, ob sie an so etwas Interesse haben. Er mag klassische Musik und nimmt auch Klavierunterricht, aber er wollte eigentlich mitkommen, weil “er noch nie eine echte Prinzessin gesehen hat” und auch mal eine sehen wollte. Nun gut, ich hoffe, er war nicht allzu sehr enttäuscht, dass sie keine Krone trug und so, aber ich habe es ihm erklärt. Später sagte er, “Wieso trägt sie eine Brille, sie ist doch Prinzessin??” (sie las die Anfangsrede vor und trug dabei eine Lesebrille) – und ich erklärte ihm auch, dass sie auch ein normaler Mensch sei :-).
Nach dem Konzert gab’s einen Sektempfang im Foyer und auch die Möglichkeit, für das Programm Junge Talente zu spenden.
Ein wirklich gelungener Abend mit einem exzellenten Konzert in einem wunderschönen Saal, ein toller Abschluss unserer Woche in Bukarest, ich bin immer noch schwer beeindruckt!
Auf dem Weg nach Hause wollte mein Sohn wissen, warum der König kein König mehr sei. Wir haben es ihm erklärt, wie man für sein Alter erklären konnte. Wir haben ihm gesagt, dass ein Grund für die gezwungene Abdikation auch das neue Regime damals nach dem Krieg und die Entscheidung der Sowjets war. Er war total empört – er ist auch sehr gerechtigkeitsliebend – und meinte, wieso darf ein Land entscheiden, was in einem anderen Land passiert, sie hätten hier nichts zu sagen! Er war den ganzen restlichen Abend, bis er ins Bett ging, am Argumentieren und meinte, das ginge so gar nicht. Ehrliches, faires Kind. Wenn die ganze Welt so wäre…
Nun gut. Genug erzählt. Es ist Freitagvormittag, als ich diese Zeilen schreibe, ich muss zu Ende packen, am Nachmittag geht unser Flieger nach Hause los.
Ein schönes Wochenende und eine schöne kommende Woche Euch!
Silke - Miteinander-Bücher sagt
Oh wie schön! Danke für diesen schönen Ausflug in die Geschichte deines Landes und die wunderbaren Fotos 🙂
Herzlichst
Silke
Herbst Liebe sagt
Sehr eindrucksvoll.
Herzlichst Ulla
Nähkäschtle sagt
Ein beeindruckendes Gebäude und sicher war das Konzert ein Erlebnis. Ich mag klassische Musik sehr und meine Schwägerin kommt aus Rumänien – vielleicht habe ich ja auch mal die Möglichkeit dorthin zu gehen. Danke für die vielen tollen Bilder und den Bericht. LG Ingrid
Birgit G. sagt
Liebe Iaona, danke, dass Du uns an diesem wunderbaren Abend hast teilhaben lassen. Da würde man am liebsten gleich nach Bukarest reisen. VB, Birgit